Fragmente aus dem Leben.

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Donnerstag, 16. Juli 2009

Socialized Medicine

Es wird wieder diskutiert, Obama machts möglich. Die Frage, ob man sich als "Fanal der Hoffnung für die Welt" produzieren kann, wenn trotz unglaublich hoher Gesundheitskosten, der Gesundheitsstandard sehr schlecht, und Millionen von US-Bürgern nicht versichert sind, wird mit neuer Dringlichkeit gestellt. Unter anderem hat sich Kathleen Sebelius, ihres Zeichens Secretary of the Department of Health and Human Services, in einem Interview bei Jon Stewart dazu geäußert. (Teil 1, 2)

Zu empfehlen auch, zur Einführung in die Problematiken verschiedener Gesundheitssysteme finde ich, trotz der gewohnten Polemik, Michael Moore's "Sicko"

Es ist mithin nicht einfach der US-amerikanischen Diskussion ohne ein erstauntes Kichern zu folgen, wenn da mit Begriffen wie "socialized medicine" hantiert, und über den Bürokraten gewettert wird, der sich in diesem System zwischen den Kranken und den Arzt stellt um zu entscheiden welche Behandlung angebracht ist. Über Wartezeiten und Warteschlangen wird da schwadroniert, über schlechte Versorgungsqualität und die Angst davor den je eigenen "Reichtum" mit all den Hungerleidern der Gesellschaft teilen zu müssen wird gewettert. Und natürlich wird ungebrochen - und ich frage mich langsam, ob sich da je überhaupt eine Einsicht einstellen wird - die positive, heilsame, selbstregulierende und alle Beteiligte nur so mit Vorteilen bedenkende Kraft des Wettbewerbes in der kapitalistischen Gesellschaft beschworen.

So viel zu den US of A. Doch wie Ottmar Leidner in der Ausgabe 28/29 -2009 des Deutschen Ärzteblattes analysiert ist auch in Deutschland

"[d]ie Frage, ob Wettbewerb in der Heilkunde überhaupt Sinn macht, obsolet geworden. Wettbewerb im Gesundheitswesen ist politisch gewollt, wird gefördert und ist in weiten Bereichen längst Realität. Die Frage muss stattdessen lauten: Wie kann man die schädlichen Nebenwirkungen von Privatisierung und Wettbewerb begrenzen?"
Direkt im Anschluss entwickelt Herr Leidner in einem Abschnitt (es folgen ungleich viel mehr Abschnitte über die negativen Auswirkungen) die positiven Aspekte dieser Entwicklung:

Dabei sollen die positiven Effekte des Wettbewerbs auf die Krankenhausversorgung nicht kleingeredet werden: Das Angebot hat sich verbessert, die Wartezeiten sind kürzer, der Ton gegenüber den Patienten ist freundlicher geworden. Zudem wurden Arbeitsabläufe patientenfreundlicher organisiert und beschleunigt –manche einfache und pfiffige Lösung ist erst unter Einspardruck entstanden. Auch der gestiegene Druck auf die Aktualisierung von Wissen und Technik ist nützlich.
Ja - die Privatstationen gleichen in Architektur und Service immer mehr einem Hotelambiente. Die Aufenthalte und Wege werden im Zuge der Pauschalabrechnung verkürzt und betriebswirtschaftlich organisiert, Leitlinien, als praktischer Ausdruck einer "evidence based medicine" werden schneller implementiert, und es entstehen Arbeitsgruppen die Zertifikate im Bereich des Qualitätsmanagments zu erlangen versuchen. Mich stört hier die positive Konnotierung des "Einspardruckes". Genauso wie die Legitimation von Prüfungen im Studium immer wieder über das Erreichen von effizienterer und besserer Lernarbeit der Studierenden - auch von diesen selbst! - hergeleitet wird, handelt es sich allerdings bei beiden Strategien um Negativmotivationen. Es entsteht ein Druck, der sich aus der Sorge vor Versagen, oder eben wirtschaftlichem Ruin speist. Und natürlich eine gewisse Wirkung zeitigt.
Diese Konditionierung allerdings, die schon in der Schule mit der unsäglichen Konzentration auf die Klausurrelevanz verschiedener Themen als Attribut für die Wichtigkeit beginnt hinterlässt Menschen, die gar kein Interesse mehr an ihrer Tätigkeit haben, sondern nur noch die Arbeit ableisten, die als conditio sine qua non des eigentlichen Lebens, der Freizeit erscheint.

Gerade im medizinischen Sektor ergibt sich hier ein besonderer Konflikt, denn der Kern des Arztberufes ist meiner Ansicht nach ein Wille zu Heilen, also ein sehr idealistisches Ziel. Ein Ziel was über ökonomische Interessen hinaus zunächst eine Solidarität mit dem Mitmenschen bedeutet. Herr Leidner formuliert:

Sind Ärzte aus Treue zu ihren Arbeitgebern verpflichtet, kostenbewusst zu arbeiten, indem sie für eine Fallpauschale möglichst wenig Ressourcen einsetzen (wenig Zeit, wenig Geld), damit das Betriebsergebnis möglichst hoch ausfällt? Oder sind sie aus Pflichtbewusstsein ihren Patienten gegenüber zu Wirtschaftlichkeit in einem anderen Sinn verpflichtet, nämlich für die Fallpauschale eine möglichst optimale Leistung zu erbringen, damit möglichst viel von dem Geld auch beim Patienten ankommt?
Auch hier wird wieder über die Wirtschaftlichkeit argumentiert. Das greift meiner Ansicht nach deutlich zu kurz, scheint aber das einzig sinnvoll zu diskutierende Kraftfeld der Debatte zu sein. Und während über Gewinnbeteiligung der Ärzte als Antrieb für eine bessere Versorgung, oder über Managed-Care-Modelle nachgedacht wird, bei denen das eingesparte Geld bei guter Gesundheit der Versorgten zwischen Kassen und Ärzten als Sonderzulagen aufgeteilt wird, stimmen die ÄrztInnen mit den Füßen ab:

40 bis 50 Prozent der approbierten Ärztinnen und Ärzte landen heutzutage nicht mehr in der Klinik oder Praxis.
Ich denke es müssen solidarisch über die Arzt-Patienten Grenze hinweg Lösungen gefunden werden, denn beide Seiten sind die Spielbälle im gleichen Spiel. Die Aufdifferenzierung und Unterscheidung zwischen Behandelnden und Behandelten, oder sogar noch feiner zwischen unterschiedlichen Professionen der im Gesundheitssystem arbeitenden ist meines Erachtens der falsche Weg.

Zum Abschluss ein kurzes Zitat aus den Thesen und Prinzipen des Sozialistischen Patientenkollektivs (SPK):

1) Krankheit ist Voraussetzung und Resultat der kapitalistischen Produktionsverhältnisse.

Dienstag, 7. Juli 2009

Journalismus - Bloggerei - einerlei?

David Schraven hatte neulich im Blog der Ruhrbarone über eine kleine Veränderung berichtet, die er auf der persönlichen Hompage von Frau Hannelore Kraft entdeckt hatte. Dabei ging es um die Lösung eine Teileintrages über einen früheren Arbeitgeber, der in einen Förderskandal verwickelt war. Im Rahmen dieses Skandals vor zwei Jahren wurde die Rolle von Frau Kraft kritisch hinterfragt. Im Anschluss daran ist die NRW-CDU eingesprungen und hat mit einer Postkartenkampagne versucht Wahlkampf zu machen. Woraufhin dann Frau Kraft beide Stellen mit Unterlassungsklagen versehen hat. Nach dieser taktisch unklugen Entscheidung wurde die Mücke zum Elefanten, Bullen, Schneeball.
Die politisch Interessanten Dinge sind anderswo besprochen. Ein Teilaspekt der ganze Causa allerdings, der dann im SPD-nahen Rotstehtunsgut-Blog diskutiert wurde ist die Verantwortung von professionellen Journalisten und die Rolle die Weblogs und deren mutmaßlich weniger professionelle Autoren in der medialen Verbreitung und Aufarbeitung von Nachrichten spielen.
"David Schraven ist natürlich nicht die Unschuld vom Lande, vielleicht sogar nicht einmal ein Blogger: unter einem Blogger verstehe ich, und ich bin mir sicher, dass man sich auf diese Definition leicht einigen kann, einen Amateur, der aus Spaß an der Freude Texte, Bilder und Videos im Internet veröffentlicht. David Schraven ist nun aber kein Amateur; er wäre wohl auch beleidigt, wenn man ihn so bezeichnen würde, sondern er ist ein Journalist[...]"
Woraufhin sich David Schraven u.a. seine Rolle als Autor bei den Ruhrbaronen definierte:
"[...]die Ruhrbarone mache ich aus Spaß. Einfach so, weil ich mich für Politik interessiere. Ich verdiene damit kaum Geld. Die Ruhrbarone tragen nicht zu meinem Lebensunterhalt bei. Es ist ein Hobby."
In einem ganz anderen Zusammenhang - nämlich der Wahl im Iran und den nachfolgenden Demonstrationen - und vor allem dem Ausschluss oder der Behinderung internationaler Pressevertreter, wurden Weblogs und andere Web2.0-Einrichtungen wichtig, als quasi einziger Blick in dieses Land hinein. Auch Jon Stewart hat die Veränderung der Berichterstattung bemerkt.

Da ich nun noch nicht lange in der Sphäre der Weblogs mich bewege, habe ich solche Diskussionen noch nie richtig live miterlebt. Jetzt allerdings, da ich mich Stück für Stück von den offiziellen Nachrichten-Kanälen verabschiede, bzw. sie immer reichhaltiger mit Blogs substituiere, um nicht nur über den Kamm der Mainstream-Medien gebürstete Berichte und Einschätzungen zu lesen, gefällt mir diese dezentralisierte, entprofessionalisierte und subjektive Diskussionspolitik sehr gut.

Sicherlich gibt es große Kalibersprünge in der journalistischen Professionalität zwischen all den verschieden Nachrichtenoptionen im Internet - die Frage ist, ob dies nicht ein zu begrüßender Trend ist. Quo vadis 4. Macht im Staate? Wenn man die immer stärkere Orientierung großer, klassischerweise nicht online verfügbarer Medien auf eben diesen Bereich in den letzten Jahren beobachtet, dann könnte man ein langsames Herantasten hineinlesen. Ein sich vertraut machen mit den sehr viel basisdemokratischer organisierten Spielregeln, die die Blogs erlauben und natürlicherweise herstellen.

Es ist offensichtlich Quatsch twitter-Nachrichten mit dem selben Brustton der Überzeugung wohl-recherchierter, nachgeprüfter Reportagen über die großen Nachrichtenportale zu senden, aber mit kritischer Distanz und dem Querlesen einen größeren Menge unterschiedlich ausgerichteter Meinungsquellen lässt sich doch ein guter Querschnitt der aktuellen Stimmungslage gewinnen. Der aktuellen Stimmungslage von Menschen, die sich dieser virtuellen Medien zu bedienen wissen, und dies auch tun - also vermutlich noch immer die eher jüngere Generation. Aber diese Grenze verschiebt sich - und wenn ich einmal mit meinen Enkeln einen Computer kaufen gehe werde ich sie sicher besser beraten können als meine Großeltern mich.
Mit anderen Worten, die Repräsentation der Bevölkerung im Internet wird sicherlich im Laufe der Zeit immer breiter und die Meinungsbildung mit Hilfe dieses Mediums immer wichtiger. Und ich persönlich finde das überhaupt nicht bedenklich. Wenigstens ist man sich dann im Klaren, dass man jeweils nicht die ganze Wahrheit zu sich nimmt, während man das beim Anschauen der Tagesschau leicht vergessen kann.