- Das Belohnungssystem dominiert bei ökonomischen Entscheidungen das menschliche Verhalten.
- Der Mensch reagiert auf kurzfristige Gewinne oder die Aussicht auf Geld wie Kokain.
- Das gierige Finanzverhalten herrscht bei vielen Menschen genbedingt unermüdlich und macht abhängig.
- Die Gier im Finanzverhalten ist genbedingt.
- Das Altruistische Bestrafen ist eine unökonomische Handlungsweise.
- Zur Behebung der Finanzkrise sollte die zentrale Rolle des Belohnungssystems berücksichtigt werden.
- Leitungsgremien sollten ohne genbedingte "Finanzgier" eingestellt werden. (.pdf)
Dies die Thesen des Frankfurter Zukunftsrates, der sich mit "Deutschland, aber auch Europa und [der] Welt im Blick" gegründet hat. Der Anspruch ist einem Think-Tank mit ganz breiten Ketten würdig (Globalisierung, Auflösung der Nationalstaaten, Erziehung, Integration ausländischer Bürgerinnen und Bürger, Terror, Erderwärmung). Vor diesem Hintergrund werden keine "kleinen Korrekturen", sondern grundlegende Neustrukturierungen ohne Rücksicht auf Legislaturperioden angestrebt. Dabei bleiben die angerissenen Überlegungen zu einzelnen Themenfeldern sehr blass ("Neuorientierung unserer Erziehungs- u. Bildungspolitik", "grenzüberschreitende Verantwortung" beim Klima), andere sind etwas konkreter:
- Demokratie (Anpassung der Politik an den globalen Wettbewerb)
- Politik und Wirtschaft (Förderung der Zusammenarbeit beider Systeme)
Ein Schelm wer an ein neoliberales Primat der Wirtschaft denkt. Dr. h.c. Wolfgang Clement (Bundeswirschaftsminister a.D.) macht den stellvertretenden Vorsitz, Merz, Sloterdijk und eine illustre Mischung aus Forschern, Mönchen und Politikern lassen sich namentlich als Mitglieder aufführen.
Es wird sich bei der, die zehn eingangs angeschlagenen Thesen enthaltenden Pressemitteilung (die ich nicht offiziell auf der Homepage finden konnte) gestützt auf einen wissenschaftlichen Artikel - wie der hintergrund berichtet.
Es werden in dieser Arbeit Polymorphismen von zwei Rezeptoren (Dopamin und Serotonin) untersucht im Hinblick auf eine Korrelation mit "risk seeking behaviour", so zum Beispiel Investitionsmöglichkeiten in riskantere oder sicherer Anlagen.
Results demonstrate that financial risk seeking is correlated withthe 5-HTTLPR and DRD4 functional polymorphisms. As shown inFig. 1B, individuals who carry two copies of the short allele of the5-HTTLPR polymorphism invest $2.69 (about 28% of the averagerisky allocation) less in the risky asset than those carrying one ortwo copies of the long allele of the genotype (p,0.02 in a one-tailed mean comparison test), in excess of the benchmark model.Similarly, individuals who carry the 7-repeat allele in the DRD4gene invest $2.46 (about 25% of the average risky allocation) morein the risky asset than those lacking the 7-repeat allele (Fig. 1C,p,0.04 in a one-tailed mean comparison test).
In der Diskussion verweigern sie allerdings die Ableitung einer direkten Kausalität zwischen Genotyp und finanziellen Verhalten auf der Basis ihrer Daten. Vielmehr erweitern sie das Feld der Zusammenhänge hin auf ein evolutionäres Erklärungsmodell, bei dem die hier analysierten Polymorphismen Neugier ("novelty-seeking behavior"), und damit z.B. für die Erweiterung des Lebensraumes in unbekannte Gebiete befördern könnten. Weiterhin weisen sie daraufhin, das die Ausprägung des Merkmals "Neugier" bei gleichem Allel in unterschiedlichen Individuen, unterschiedlicher Lebensverhältnisse stark schwankt. Und das ist nur die umweltspezifische Variation des Phänotyps. Es gibt einen ganzen Sonderforschungsbereich (577 „Molecular Basis of Clinical Variability in Mendelian Disorders“) der sich mit den molekularen Ursachen für phänotypische Varianzen beschäftigt.
Im Endeffekt wird bei den oben genannten Thesen hingearbeitet auf eine "Optimierung des Sozialverhaltens" unter sehr starker Berücksichtigung des "Belohnungssystems". Zum einen wird vorgeschlagen zur "Behebung der Finanzkrise" die "zentrale Rolle des Belohnungssystems" zu berücksichtigen, zum anderen wird angedacht "Leitungsgremien" "ohne genbedingte Finanzgier" einzustellen.
Das klingt nach Gen-Screening für Vorstandsmitglieder - ein eklatanter Bruch mit der Unantastbarkeit der Menschenwürde - und wem das zu ideologisch ist auch mit dem Recht (§19 Gendiagnostikgesetz). Ganz abgesehen davon, dass ein weiterer stabilisierender Handlungsleitfaden eröffnet wird, der, ähnlich den milliardenschweren Rettungspaketen eine Perpetuierung des an die Wand gefahrenen Systemes versucht zu ermöglichen, mit dem netten Nebeneffekt, dass tiefergreifende Kritik an unserer Wirtschafts-, und Weltordung an sich leicht vergessen werden kann.
Ein weiterer mit einer "Neuro"-Präfix versehener Baustein also, zur Naturalisierung qua Biologisierung kapitalistischer Politiken.
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